Lehre und Angelegenheiten
der Studien
"Die Stellung des Einzelnen innerhalb der
gesellschaftlichen Beziehungen wird zunehmend von angeeignetem Wissen bestimmt.
Die Gesellschaft der Zukunft wird somit eine Gesellschaft sein, die in
ihre Gesellschaft zu investieren versteht, eine Gesellschaft, in der man
lehrt und lernt, in der der Einzelne seine eigene Qualifikation aufbauen
kann."
(Zitat aus dem Weißbuch der Europäischen
Kommission: Lehren und Lernen / Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft;
1997)
Dieser Wandel betrifft nicht nur die Universitäten,
sondern das gesamte Bildungswesen. Den Lernenden sollen bestmögliche
Voraussetzungen für die Dauer des Lernprozesses und für die Umsetzung
der erworbenen Fähigkeiten im Berufsleben geschaffen werden. Der begonnene
Dialog bei der Tagung der steirischen AHS-Direktoren in Loipersdorf im
April soll für diese Herausforderungen eine gemeinsame Strategie entwickeln.
Die Tage der offenen Tür, die Anfang Juli an der Technischen Universität
Graz für Schülerinnen und Schüler des sekundären Bildungsbereiches
angeboten wurden, sollen unseren zukünftigen Studierenden ein direktes
und anschauliches Bild aus erster Hand vermitteln.
Die TU Graz bietet derzeit 12 ingenieurwissenschaftliche
Studienrichtungen an, die nach dem Universitäts-Studiengesetz 1997
bis 2001 den aktualisierten Qualifikationsprofilen angepaßt werden
müssen. 6 Studienrichtungen haben mit 1.10.1999 eine Studienplanreform
vollzogen, 6 Studienrichtungen sind noch im Diskussionsstadium. Zusätzlich
wurde am 14. Juli 1999 die Änderung des Universitäts-Studiengesetzes
(Bakkalaureats- und Magisterstudien) beschlossen; der Stellungnahme zum
Entwurf der Novelle der TU Graz wurde im nunmehr vorliegenden Gesetzesbeschluß
entsprochen.
Damit ergeben sich für die Studierenden
zusätzliche Möglichkeiten für Ausbildungsmodelle der Zukunft,
die nach Berücksichtigung in den Studienkommissionen vor allem auch
ein Studium in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft ohne
Anerkennungsverluste bei den erworbenen Qualifikationen erlauben. Die Verkürzung
der tatsächlichen Studiendauer und eine Lösung der Anerkennungsfragen
stehen in der europäischen Bildungspolitik an oberster Stelle. Auf
die Sorbonne Erklärung vom Juni 1998 folgte die Bologna Erklärung
vom Juni 1999. Anerkennungsfragen unter Einbeziehung des nichtuniversitären
Bereiches waren das Hauptthema bei der Konferenz der europäischen
Rektoren im Mai 1999 in Bordeaux.
Im internationalen Vergleich hat die TU
Graz studienrichtungsspezifisch eine zu lange durchschnittliche Studiendauer
und viele unserer Absolventinnen und Absolventen sind bei ihrem Studienabschluß
älter als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern. Dafür
gibt es sicher mehrere Ursachen. In den Studienkommissionen ist bei der
Studienplanreform der Forderung nach einer Herabsetzung der Studiendauer
und einem aktualisierten Qualifikationsprofil Rechnung zu tragen.
Um den Qualifikationsprofilen entsprechen
zu können werden von den Absolventen schon heute folgende Fähigkeiten
erwartet:
(1) Methodenkompetenz als Fähigkeit
zur selbstständigen Wissensaneignung und Informationsbeschaffung (lebenslanges
Lernen, berufsbegleitendes Lernen und die künftigen Anforderungen
einer Informationsgesellschaft);
(2) Sozialkompetenz als Fähigkeit
zum Selbstwertgefühl und zur Arbeit in Projektgruppen, zur fachübergreifenden
Zusammenarbeit und die Verantwortung "zur Lösung der Probleme des
Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen
Umwelt bei(zu)tragen" (§1.Abs.1 UOG93);
(3) Interkulturelle Kompetenz und Mobilität
auf der Grundlage einer erweiterten Allgemeinbildung und der Beherrschung
von Fremdsprachen
(4) Fachkompetenz und Flexibilität
im gewählten Berufsfeld.
Für ein ingenieurwissenschaftliches
Studium sind die naturwissenschaftlichen Grundlagen von besonderer Bedeutung
und ihr Zusammenhang mit der angestrebten Methoden- und Fachkompetenz sollte
frühzeitig und anschaulich dargelegt werden. Die große Herausforderung
für künftige Entwicklungen liegt aber in der fachübergreifenden
Ausbildung. Die Informationsgesellschaft fordert von allen, gleich welche
Richtung sie im Berufsleben einschlagen, erweiterte naturwissenschaftliche
Grundlagen; Nachhaltigkeit und Umweltschutz fordern erweiterte Kompetenz
in den Grundlagen der Sozial- und Geisteswissenschaften. Allgemeinbildung
bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem die Fähigkeit, Zusammenhänge
zu erkennen und Verantwortung anzunehmen.
Die Internationalisierung ist im Leitbild
der Technischen Universität Graz verankert und hat zu sichtbaren und
kontinuierlichen Erfolgen in der Leistungsbilanz ( z.B.: die Steigerung
der Mobilitätsrate der Studierenden über 2 % in einzelnen Studienrichtungen,
die Steigerung der Hochschullehrermobilität, Verträge mit ca.
140 Partneruniversitäten u.a.) geführt.
Die Anwendung des ECTS-Systems in allen
Studienrichtungen der TU Graz (seit 1995) hat zu einer wesentlichen Erleichterung
bei der Anerkennung der Studienleistungen beigetragen und im Rahmen der
Studierendenmobilität (Erasmus/Socrates) innerhalb weniger Jahre zu
einer annähernd ausgeglichenen Bilanz zwischen Incoming- und Outgoing-Studierenden
geführt, da erst dadurch der Arbeitsaufwand (workload) der Studierenden
und nicht nur die Unterrichtszeit in den Studienplänen definiert wird.
Die Festlegung des Arbeitsaufwandes der Studierenden ist eine wesentliche
Voraussetzung für eine Verkürzung der durchschnittlichen Studiendauer.
Das waren sicher wesentliche Voraussetzungen
dafür, daß die TU Graz beim Europa-Ranking der Ingenieurwissenschaften,
das im "SPIEGEL" Nr.19 vom 4.5.1998 veröffentlicht wurde, als einzige
österreichische Universität unter 36 europäischen Institutionen
an 22. Stelle genannt wird.
In Zukunft wird das Studienangebot der
Universitäten immer mehr von einer modularen Struktur bestimmt werden.
Damit können horizontale Schnittstellen geschaffen werden, die die
in der Bologna Erklärung geforderte Harmonisierung des Studienangebotes
mit europäischer Dimension ermöglichen.
Um als Universität im zunehmenden
Wettbewerb zu bestehen und unseren Platz im Hinblick auf eine europäische
Dimension weiter ausbauen zu können wird das gesamte Studienangebot
mit: Einführungsphase, Grundstudium, Vertiefungsstudium, Bakkalaureatsstudium,
Diplomstudium, Universitätslehrgang und Universitätskurs im postgradualen
Bereich als berufsbegleitende Weiterbildung und Doktoratsstudium, ins Kalkül
zu ziehen sein.
Mit 1.9.1999 beginnt der erste Universitätslehrgang
für "Environmental Engeneering and Management" an der TU Graz, der
an der Maschinenbau Fakultät eingerichtet wurde. An der Fakultät
für Elektrotechnik tritt mit 1.10.1999 ein neuer Studienplan für
das Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften in Kraft.
Entscheidend ist und an erster Stelle steht
für alle Studienangelegenheiten die permanente Sicherung der Qualität
in der Lehre. Im Memorandum der Europäischen Kommission zur Studie:
"Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung im Europäischen
Hochschulwesen: Methoden und Mechanismen" (1993) wird hervorgehoben, daß
"die wissenschaftliche Qualität der Forschung und der Hochschullehrer
allein die Qualität der Lehre nicht mehr garantieren können;
nicht weniger wichtig sei die Evaluierung der Qualität der Organisation
der Studiengänge, der Lehrmethoden, sowie der administrativen, strukturellen
und kommunikativen Gegebenheiten."
C1999 Technische
Universität Graz / ISBN 3-901351-23-X |